Das Schlaun-Fest 2013 am 2.06.2013 im Erbdrostenhof Münster
Fotos © Matthias Echelmeyer
Auszug des Grußwortes von Dr. Angelika Kordfelder, Bürgermeisterin der Stadt Rheine
„ … Heute bin ich ebenfalls froh und sehr zufrieden angesichts der großen Resonanz und der ebenso vielfältigen wie bemerkenswerten Wettbewerbsbeiträge, und so fällt mein Fazit sehr positiv aus:
Denn nicht nur 150 Studierende aus Europa nutzten das Kolloquium in Rheine, sie sorgten auch für Aufmerksamkeit im ansonsten der Öffentlichkeit entzogenen Planungsgebiet, u. a. als sie bei der Besichtigung die mittlerweile auf der Fläche lebenden Rehe aufschreckten. Neben den Rehen aber überzeugten die außergewöhnlichen Qualitäten der ehemaligen Kasernenfläche, die von einem parkähnlichen Charakter und ihrer reizvollen Lage am Rand der Kernstadt im Übergang zur Emsaue geprägt ist.
Insgesamt 90 Studierendenteams riefen letztendlich die Aufgabenstellung ab und 37 Arbeiten wurden schließlich eingereicht – das ist insgesamt eine große Resonanz der Hochschulen: Sogar von polnischen Studierenden gab es einen Beitrag. Die Ergebnisse bieten uns unterschiedliche Ansätze und interessante Details: Die Ergebnisse bieten uns zugleich mehr als erwartet, nämlich einen neuen Blick auf die Qualitäten und großen Potenziale der ehemaligen Kaserne.
Die städtebaulichen Wettbewerbsergebnisse, insgesamt 23 Beiträge, zeigen auf, wie ein wirkliches Stadtquartier entstehen kann, in dem sich Wohnen, Versorgung, Bildung, Freizeit und Stadtlandschaft erlebbar ausgestalten lassen.
Im Fachbereich Architektur mit 7 Beiträgen liegen die Schwerpunkte auf eher visionären Ansätzen, die der Stadt Rheine bei der Entwicklung der Kaserne helfen und uns darin bestärken, auf die besonderen Standortfaktoren Wert zu legen, auch zum Beispiel bei der In-Wert-Setzung der Bestandsgebäude.
7 Arbeiten gibt es auch im Bereich Bauingenieur. Die eingereichten
und ausgezeichneten Brückenbauwerke belegen eindrucksvoll die visuelle
Kraft solcher Bauwerke, die ein mögliches neues Stadtquartier über die
Ems hinweg anbinden können.
…
Alle Wettbewerbsbeiträge sind in unserer Stadt mit großem Interesse aufgenommen worden
…
So habe ich heute allen Grund, ein Wort des Dankes zu sagen für die interessanten wie anregenden Vorschläge.
…
Sicherlich wollen Sie alle wissen: Wie geht es weiter in Rheine? Wie
stellen wir uns zukünftig der Herausforderung Konversion, die neben der
General-Wever-Kaserne weitere bereits freigezogene bzw. freiwerdende
Bundeswehrstandorte in Rheine betrifft?
Nun: Wir waren und sind nicht untätig! In Vorbereitung ist die Einstellung eines Konversionsmanagers als zusätzliche Ressource im Planungsamt, und die Etablierung einer regionalen Koordinierungsstelle bei unserer Tochter, der Entwicklungs- und Wirtschaftsförderungsgesellschaft für Rheine mbH, als Förderer einer regional abgestimmten Strategie läuft gerade an. Neben diesem organisatorischen Rahmen werden die strategischen Schritte gesetzt: Ich nenne hier u. a. sowohl Abstimmungsgespräche mit der Bezirksregierung und dessen Konversionsbeauftragter als auch mehrere Perspektivwerkstätten, die durch NRW.URBAN als Beauftragte des Landes NRW durchgeführt werden. Zum Ende des Jahres streben wir den Abschluss einer Konversionsvereinbarung mit der BImA.
Die Ergebnisse des hinter uns liegenden Schlaun-Wettbewerbs bilden somit einen ersten Schritt für eine Konversions-Teilfläche auf dem Weg hin zu einer nachhaltigen Nutzung der Chancen für die ehemaligen militärisch genutzten Flächen in unserem Stadtgebiet.
Zusammengefasst sage ich: Dieser Schritt war und ist ein wertvoller für Rheine, in seiner Kreativität und in seinen Visionen, aber auch in seiner Zusammenarbeit mit den unterschiedlichen Akteuren … so danke und gratuliere ich den Preisträgerinnen und Preisträgern ganz herzlich und ich wünsche auch für den nächsten Schlaun-Wettbewerb ein gutes Gelingen! …“
Auszug des Grußwortes von Dr. Gerald Brummund, Bundesanstalt für Immobilienaufgaben
„Als ich in den 70er Jahren (des letzten Jahrhunderts) als junger Student nach Münster kam, habe ich mich – wie wahrscheinlich die meisten Neuankömmlinge – zunächst einmal in der Stadt umgesehen. Ich kann mich gut erinnern, dass mich dabei die Gebäude Johann Conrad Schlauns besonders faszinierten: das fürstbischöfliche Schloss, das Haus Rüschhaus, die Clemenskirche, um nur einige zu nennen, und vor allem der Erbdrostenhof. Es ist mir deshalb eine besondere Ehre, in diesem Juwel barocker Baukunst, wie dieser gerne genannt wird und dessen Bau vor genau 250 Jahren begann, ein Grußwort sprechen zu dürfen.
Als Herr Dr. Echelmeyer mir das erste Mal von dem Schlaun-Wettbewerb erzählte, war ich sehr schnell begeistert von der Idee, durch einen Wettbewerb junge Masterstudierende und Absolventen des Bauwesens zu fördern. Ich finde es toll, jungen Menschen ein Forum zu bieten, in dem sie gefordert und gefördert werden. So können sie auch außerhalb ihrer beruflichen Anstellung das Erlernte und ihre Kreativität unter Beweis stellen und eine zusätzliche Qualifikation erlangen, hat sich doch der noch junge Schlaun-Wettbewerb sehr schnell etabliert und Anerkennung in der Fachwelt erworben.
… Ihnen, liebe Preisträgerinnen und Preisträger, herzliche Glückwünsche zu Ihren herausragenden, qualitätsvollen Arbeiten!
Auf der Suche nach einer städtebaulichen Herausforderung haben wir im letzten Jahr gemeinsam überlegt, welches Thema für den Schlaun-Wettbewerb 2012/2013 geeignet sein könnte. Abgesehen davon, dass ich Herrn Echelmeyer seit vielen Jahren aus unserer Zusammenarbeit kenne, lag der Kontakt zu der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (kurz BImA) nahe; denn die BImA ist einer der größten, wenn nicht der größte, Immobilieneigentümer in der Bundesrepublik. Ich will sie jetzt nicht mit Zahlen langweilen, nur so viel: Die BImA hat ein Grundstücksportfolio mit einer Gesamtfläche von über 400.000 ha. Aber wer kann sich schon etwas unter 400.000 ha vorstellen? Das sind 4.000 km² und diese entsprechen mehr als der Fläche von den Bundesländern Saarland, Berlin und Bremen zusammen. Dazu gehören u. a. mehr als 40.000 Wohnungen. Die BImA wurde 2005 als der zentrale Immobiliendienstleister des Bundes durch Gesetz gegründet und hat u. a. die Aufgabe, für Verwaltungszwecke des Bundes nicht mehr benötigtes Vermögen wirtschaftlich zu verwerten.
Eine Schwerpunktaufgabe ist zurzeit die Konversion ehemals militärisch genutzter Liegenschaften, die aufgrund der Bundeswehrstrukturreform und des Abzugs der britischen Streitkräfte frei geworden sind oder noch frei werden. Besonders betroffen von der Reduzierung der Bundeswehr ist die Stadt Rheine, so dass mein Vorschlag, die ehem. General-Wever-Kaserne und die umliegenden Flächen zum Thema des Schlaun-Wettbewerbs zu machen, gerne aufgenommen wurde. Ich freue mich, dass auch die Stadt Rheine sehr schnell Unterstützung zusagte. Vielen Dank, Frau Bürgermeisterin Dr. Kordfelder. Meine Mitarbeiter sprechen seitdem übrigens gerne von der General-„Schlaun“-Kaserne in Rheine, und die benachbarten Emsauen nennen sie liebevoll die Em“schlaun“.
Die eingangs erwähnte Förderung der jungen Menschen ist die eine Seite. Ich will nicht verhehlen, dass daneben auch andere Aspekte eine Rolle spielen. Die Lösung oder Lösungsansätze für städtebauliche Problemstellungen kommen natürlich auch der betroffenen Kommune und letztlich auch dem Eigentümer der zu überplanenden Grundstücke zugute. Auf Neudeutsch: Eine typische Win-Win-Situation, eine Konstellation, von der alle Beteiligten profitieren. Ich freue mich über die Vielzahl der abgegebenen Arbeiten, die ein hohes Maß an Qualität und Kreativität aufweisen und wünsche mir, dass einiges davon letztlich auch in die Praxis umgesetzt werden kann. Wie sagen die Bayern so gerne: Schau ma mal. Ich wandele es gerne ab und sage: „Schlaun“ wir mal … .“
Grusswort von Melanie Kloth, NRW.BANK
“… der Schlaun-Wettbewerb ist eine ausgezeichnete Initiative, denn er greift Fragestellungen von aktueller Bedeutung für die Stadt- und Quartiersentwicklung auf, und fördert junge Planerinnen und Planer und ihre Ideen. Beides liegt uns als NRW.BANK sehr am Herzen. Es spricht Kernthemen des Gesellschaftlichen Engagements der NRW.BANK an: Bildung, Innovation und Nachwuchsförderung. Ich freue mich daher, dass wir auch den 2. Wettbewerb unterstützen konnten. Mit diesem Engagement unterstreicht die Bank ihre unternehmerische Verantwortung für das öffentliche Leben und die Gesellschaft in Nordrhein-Westfalen.
Die NRW.BANK ist die Förderbank des Landes. Sie unterstützt und fördert Kommunen in Nordrhein-Westfalen nicht nur durch die Bereitstellung von Fördermitteln, sondern auch durch ein umfangreiches Beratungsangebot wie zum Beispiel die Kommunalberatung und die Wohnungsmarktbeobachtung.
In unserer Arbeit erleben wir täglich, dass der demographische Wandel, die sozialen und die ökonomischen Entwicklungen die Kommunen vor große Herausforderungen stellen. Aus der Perspektive der Wohnungsmarktbeobachtung und Quartiersentwicklung – Aufgaben mit denen ich mich innerhalb der NRW.BANK befasse – möchte ich nur einige zentrale Herausforderungen nennen: Wie können wir das Wohnungsangebot auch in schrumpfenden Gemeinden für heutige Ansprüche – und die von morgen – attraktiv halten? Wie können wir auch in den wachsenden Regionen preiswerten Wohnraum sichern? Wie können wir vorhandene Wohnquartiere an die Bedürfnisse einer alternden Gesellschaft anpassen? Wie können wir die energetische Sanierung des Gebäudebestands stemmen? Und das alles ohne das Ziel, preiswerten Wohnraum zu erhalten, aus den Augen zu verlieren?
Noch viel mehr Herausforderungen wären zu nennen. Aber es ist bereits so offensichtlich: wir werden innovative Visionen und kreative Ideen dringend brauchen. Und hier – meine Damen und Herren – erhoffen wir uns viel von den heutigen Studierenden und jungen Absolventinnen und Absolventen aus den Bereichen Städtebau, Architektur und Bauingenieurwesen. Die beeindruckende Leistung der Wettbewerbsteilnehmerinnen und -teilnehmer und insbesondere natürlich der Preisträgerinnen und Preisträger macht uns Mut, dass wir auch für die anderen Herausforderungen tatsächlich Lösungen erwarten können.
Ich möchte mich im Namen der NRW.BANK daher ausdrücklich bei allen bedanken, die diesen Wettbewerb organisatorisch möglich gemacht und mit ihrem Engagement den Nachwuchs bei der Auseinandersetzung mit städtebaulichen Herausforderungen unterstützt haben. Mein Dank gilt heute natürlich insbesondere auch allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern, die ihre kreativen Ideen und Vorschläge der Stadt Rheine und darüber hinaus der Gesellschaft zur Verfügung stellen. ..”
Zur Rede von Gerhard Matzig
„Architekten sind vom Mars, Bauherren von der Venus. Über Baukultur als Missverständnis.“
Über dieses Thema hat Gerhard Matzig, Architekturkritiker der Süddeutschen Zeitung, genauso eloquent und humorvoll gesprochen, wie wir ihn aus der SZ kennen und lieben. Zu Recht bezeichnete er sich als Paartherapeut für das Verhältnis zwischen Architekten auf der einen und Bauherren auf der anderen Seite. In gekonnt launiger Weise hat er den angehenden Stadtplanern, Architekten und Bauingenieuren an mehreren prägnanten Beispielen verständlich gemacht, dass der Weg zueinander häufig von großem gegenseitigem Missverständnis geprägt ist. So kollidiert oft der Wunsch der Architekten nach kühlen, klaren Formen mit der Sehnsucht der Bauherren nach Wärme.
Gerhard Matzig erhält verdient auf dem DAI-Tag in Koblenz im September 2013 den Literaturpreis des DAI.
Wolfgang Echelmeyer